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Psychiatriegeschichte seit Gründung des LVR

Menschen in einer Küche bei der Zubereitung einer Mahlzeit.
In der sozialtherapeutischen Tagesstätte des Rehabilitationsbereichs an der LVR-Klinik Bedburg-Hau gehört die Förderung lebenspraktischer Fähigkeiten zum Alltag. Hier wird gerade eine Zwischenmahlzeit vorbereitet. Foto: LVR-Klinik Bedburg-Hau.

Beendigung der Diskriminierung

Von den Anfängen der Provinzial-Anstalten über die dunkle Epoche des Nationalsozialismus bis zur Gleichbehandlung psychisch Kranker und einer bedarfsgerechten Versorgung war es ein weiter Weg. In Deutschland erwies es sich zwanzig Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg als Glücksfall, dass das gesellschaftliche Klima für Reformen sehr empfänglich war. Die Kritik an Bevormundung, falschen Autoritäten, Vergangenheitsverleugnung und sozialer Benachteiligung erreichte zwangsläufig auch die Psychiatrie. In diesem Reformprozess ging es vordergründig nicht um fachliche Neuerungen, sondern um die Beendigung der Diskriminierung psychisch Kranker, die Wahrung ihrer Menschenrechte sowie um soziale Gerechtigkeit und Gleichstellung.

Die Psychiatrie-Enquete

1971 schlug die Geburtsstunde der „Psychiatrie-Enquete“: Eine durch den Deutschen Bundestag eingesetzte Kommission trug bis 1973 umfangreiches Material über die Situation der psychiatrischen Versorgung in Deutschland zusammen. Die Enquete-Kommission dokumentierte die „menschenunwürdigen Unterbringungsbedingungen in den psychiatrischen Krankenhäusern“ und machte Lösungsvorschläge zur Weiterentwicklung der Versorgungsmöglichkeiten und Behandlungsformen.

Vorsitzender der Kommission war Prof. Dr. Caspar Kulenkampff, zuvor Ärztlicher Direktor der Rheinischen Kliniken Düsseldorf und später Landesrat und Gesundheitsdezernent des Landschaftsverbands Rheinland.

Veränderung der therapeutischen Kultur

Unter der Federführung von Kulenkampff wurden verkrustete Anstaltsstrukturen aufgebrochen und Raum für neue Behandlungs- und Belegungsangebote geschaffen. Reformerinnen und Reformer aus der Psychologie, der Pädagogik und den Sozialwissenschaften brachten umfangreiche Neuerungen in die Kliniken ein, die maßgeblich zur Veränderung der therapeutischen Kultur beitrugen. In gemeinsamen Teambesprechungen mit Ärztinnen und Ärzten sowie dem Pflegepersonal reflektierten sie über ihre Erlebnisse und Einstellungen in der Arbeit mit den Patientinnen und Patienten.

Ortsnahe Versorgung

Teamsupervision war damals etwas völlig Neues. Heute gehört sie zum normalen Alltag jedes psychiatrischen Krankenhauses. Im Rheinland begann man mit der Erarbeitung eines Rahmenplans zur Versorgung psychisch Kranker und geistig behinderter Menschen. Ziel war es, eine ortsnahe Versorgung in jedem Kreis und jeder kreisfreien Stadt zu erreichen. Diese Forderung war ihrer Zeit weit voraus; angesichts der Versorgungsrealität nicht nur im Rheinland erschien sie unerreichbar und utopisch.

Der Landschaftsverband Rheinland hat das Versorgungsangebot für psychisch Kranke in den Folgejahren stetig weiterentwickelt und zu dem heutigen leistungsfähigen Klinikverbund ausgebaut. Die LVR-Kliniken sind moderne Fachkrankenhäuser für Psychiatrie und Psychotherapie. Mit innovativen und zukunftweisenden Behandlungsmethoden bieten sie Menschen mit psychischen Erkrankungen spezielle und effektive Hilfen an.

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