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Mit den Ohren sehen – In der Praxis

Führt die Treppe hoch oder runter, klingt eine Ecke scharf oder dumpf, wie hört sich denn eine Wand an? Drei Fragen an Mobilitätstrainer Dr. Klaus Mönkemeyer.

Ein Mann in weißem Hemd und mit roter Fliege steht vor einer roten Wand und lächelt in die Kamera.
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Mobilitätstrainer Dr. Klaus Mönkemeyer (Foto: privat)

Herr Dr. Mönkemeyer, was lernen blinde Kleinkinder als Erstes beim Klicksonar? Was wird geübt?

Bei der Echolokalisation handelt es sich um eine eindeutige Möglichkeit, sich über den Tast-Raum hinaus zu orientieren. Die Kinder erlernen mit Hilfe selbst erzeugter Schallquellen, mit Händeklatschen, Füßestampfen, Laute von sich gebend, singend und am besten mit der Zunge klickend oder schnalzend ihre unmittelbare Umgebung wahrzunehmen. Dabei wird ihnen vermittelt, dass die erzeugten Echos ganz unterschiedliche Qualitäten haben. Zum Beispiel klingt eine Wand oder eine offene Tür ganz anders, als ein Gang oder ein Treppenhaus. Prinzipiell geht es zum einen um eine allgemeine Raumwahrnehmung (Zimmer, Gang, Treppenhaus, etc.), zum anderen um eine zielgerichtete Objektwahrnehmung, wie z.B. Hofeinfahrt, Hauseingang, Klettergerüst oder Rutsche.

Ein Beispiel: Wenn ich vor einer Wand stehe und klicke, ist der Schall, den ich erzeuge, völlig anders als wenn ich vor einer Tür in dieser Wand stehe. Und es macht ein Unterschied, ob die Tür offen oder geschlossen ist. Es handelt sich hier um akustische Wahrnehmungen (Echos), die das Kind erkennen und lokalisieren soll. Erste Übungen wären z.B.: die Laute einer Wand zu erfahren, wenn ich auf sie zugehe, parallel mit Abstand zu ihr laufe und die Vertiefungen wie z.B. eine Türöffnung finde.

Warum ist es so wichtig, Klicksonar in diesem frühen Alter anzufangen? Was ist das Besondere an dieser Methode?

Gerade die ersten Lebensjahre sind enorm wichtig, damit die Kinder Erfahrungen sammeln und sich später möglichst frei und unabhängig bewegen können. Wir wissen, dass Wahrnehmung und Bewegung und umgekehrt zwei Seiten der gleichen Medaille darstellen, nämlich sich zu erkennen. Dies gilt sowohl für die Orientierungsleistungen wie für das Selbstbild. Umso wichtiger ist es, dass blinde Kinder ihren Tastraum um ihren Bewegungsraum erweitern lernen, den sie dann selbstständig und selbstbestimmt erobern können. Die Kinder experimentieren mit dem Abstand und der Veränderung des Schalls und das steigert die Entdeckerlust: ach da ist noch eine Tür, ach hier ist eine Ecke, ach die Treppe geht hier hoch. Es ist erstaunlich zu beobachten, wie die Kinder an Selbstbewusstsein gewinnen.

Was ist das Besondere an diesem Projekt?

Eine Besonderheit an dem LVR-Projekt ist zum einen, dass wir für die Echolokalisation erstmalig zielgerichtet ein Curriculum mit einem methodischen Katalog entwickeln wollen und zugleich über einen Zeitraum von drei Jahren die FrühförderInnen und Frühförderer bei der Arbeit mit den blinden Kindern supervidieren. Das heißt wir erarbeiten einen methodischen Leitfaden und überprüfen diesen in Folge auf Grund der gemachten Erfahrungen in der Praxis. Im Zentrum steht hierbei die Maxime "learning by doing". In einem Turnus von sechs Monaten werden die Fachkräfte supervidiert. Wir lassen die Praxis der vergangenen Monate Review passieren, schauen was gut gelaufen ist – dafür werden z.B. Filmaufnahmen analysiert, Test-Aufgaben mit den Kindern durchgeführt und die nächsten Lernziele werden festgelegt.

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