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Stadt, Land, Garten

Ausstellung zur Kulturgeschichte des Nutzgartens in der Papiermühle Alte Dombach zeigt Gärtnern früher und heute

Bergisch Gladbach. 20. März 2015. „Urban Gardening“ heißt ein aktueller Trend in Großstädten. An allen möglichen und unmöglichen Orten wird gemeinschaftlich gebuddelt, gepflanzt und geerntet. Was heute Hobby ist, war einst überlebenswichtig. Ohne das selbstangebaute Obst und Gemüse kamen viele Familien vor der Industrialisierung nur schwer durch den Winter. Dem Bedeutungswandel, den die Nutzgärten im Laufe dieser Entwicklung erfahren haben, und den Mühen und Freuden der Gärtner im Jahreslauf widmet sich die Ausstellung „Stadt, Land, Garten – Zur Kulturgeschichte des Nutzgartens“ des LVR-Industriemuseums ab dem 22. März 2015 in der Papiermühle Alte Dombach in Bergisch Gladbach.

altes Bild
Gärten der Papiermühle Alte Dombach, um 1970. Foto: LVR-Industriemuseum

Von der Existenzsicherung zur Freizeitbeschäftigung

Säen und anbauen, gießen und jäten, schneiden und umgraben, ernten, einlagern und konservieren – lange bestimmten Nutzgärten die Ernährung und das Alltagsleben zahlreicher Menschen. Mit der Industrialisierung nach 1850 verschwand diese Notwendigkeit vorerst. In den neuen Ballungszentren war es auch nicht mehr selbstverständlich, dass für jeden Haushalt ein Garten zur Verfügung stand. Es gab jedoch vielfältige Formen, mit denen die Kommunen und Arbeitgeber versuchten, möglichst vielen Arbeitern das Gärtnern zu ermöglichen – von der Brachflächen-Nutzung über Kleingartenanlagen bis zu Siedlungen mit Gärten hinter dem Haus. Denn gärtnernde Arbeiter galten als zufriedener und zuverlässiger.

In Notzeiten

Im Ersten Weltkrieg kam es zu einer dramatischen Lebensmittel-Knappheit. Den Höhepunkt der Hungerkrise stellte der „Steckrübenwinter“ 1916/17 dar. Der Staat startete eine „Garten- und Feldoffensive“ – „alles irgend nutzbare Land bis hin zu den freien Bauplätzen in den Städten ward bestellt“, hieß es 1916. Häufig fehlte es jedoch an Kenntnissen, Saatgut und Düngemitteln und die neu bepflanzten Böden waren nicht ertragreich.

Samentüte Möhren
Samentütchen "Möhren" aus den 1930er Jahren. Foto: LVR-Industriemuseum

Im sogenannten „Dritten Reich“ kam die Selbstversorgung aus dem Garten der „Blut und Boden“-Propaganda und den Autarkie-Bemühungen des Regimes entgegen und wurde entsprechend gefördert. Die Zahl der organisierten Kleingärtner stieg deutlich. Im Zuge der Kriegszerstörungen verwandelten sich die Lauben häufig in Notunterkünfte.

Gärtnern heute

Mit dem Wirtschaftswunder der Nachkriegszeit wurde die Notwendigkeit, einen Nutzgarten zu bewirtschaften, immer geringer. Gemüsegärten wichen Rasenflächen und Blumenbeeten, die Kleingartenvereine wurden zu Rentnerparadiesen. Heute suchen viele junge Familien und Menschen einen Gegenpol zum Alltag in der globalisierten und arbeitsteiligen Gesellschaft, pachten wieder Kleingärten oder beteiligen sich an neuen Formen gemeinschaftlichen Gärtnerns.

Zwischen Last und Lust

Vom Klostergarten über Werkssiedlungen bis zum Urban Gardening: Die Ausstellung beleuchtet vor dem Hintergrund der jeweiligen gesellschaftlichen Entwicklungen, wie sich Bedeutung und Aussehen der Nutzgärten gewandelt haben. Die Gartenarbeit über die Jahrhunderte wird durch historische Arbeitsgeräte, Gartenliteratur, Grafiken und Fotos veranschaulicht. Alte und moderne Nutzpflanzen werden vorgestellt und die Besucherinnen und Besucher können das Wachsen und Reifen von Bohne, Himbeere und Kartoffel im Laufe eines Gartenjahres verfolgen. Die subjektive Seite des Gärtnerns spielt ebenfalls eine große Rolle. Die Schau geht den Motiven nach, die zu verschiedenen Zeiten hinter der Tätigkeit im Garten standen. Und wie Gärtner heute ihr Tun zwischen Last und Lust erleben, schildern sie selbst in prägnanten Worten.

Frau beim Gärtnern
Urban Gardening im Ermekeilgarten, Bonn, 2014. Foto: N. Breidenstein/ LVR-Industriemuseum

Ausstellung aktiv

Gärtnern heißt aktiv sein. Dazu fordert auch die Ausstellung auf: Es gilt, sich Inhalte durch puzzeln, kurbeln oder knobeln selbst zu erschließen. Auf einer speziellen Kinderebene können Mädchen und Jungen Sammelkarten suchen. Im Mitmachgarten im Außenbereich werden große und kleine Besucherinnen und Besucher außerdem selbst zu Gärtnern. Mobile Pflanzkisten, für die auch Patenschaften übernommen werden können, laden zum Anbauen, Gießen, Jäten und Ernten ein – Hacken, Schäufelchen und Gießkanne stehen bereit.

LVR-Industriemuseum, Papiermühle Alte Dombach, Alte Dombach, 51465 Bergisch Gladbach
Laufzeit: 22. März bis 20. Dezember 2015
Öffnungszeiten: dienstags bis freitags 10 bis 17 Uhr, samstags und sonntags 11 bis 18 Uhr, Karfreitag, Ostermontag und 1. Mai geschlossen
Eintrittspreise: 3 Euro, Kombikarte mit Papiermühle 5 Euro. Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre haben im LVR-Industriemuseum freien Eintritt.

Besucherinfos und Buchungen von Führungen bei kulturinfo rheinland unter Tel.: 02234 9921-555 (Mo-Fr 8-18 Uhr, Sa, So und an Feiertagen 10-15 Uhr) oder per Mail an info@kulturinfo-rheinland.de

Pressekontakt:
Jill Wagner
LVR-Fachbereich Kommunikation
Tel: 0221 809 –3119

Bilder zum Download

  1. Gärtnern früher

    Gärten der Papiermühle Alte Dombach, um 1970. Foto: LVR-Industriemuseum

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  2. Samentüte Möhren

    Samentütchen "Möhren" aus den 1930er Jahren. Foto: LVR-Industriemuseum

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  3. Frau beim "Urban gardening"

    Urban Gardening im Ermekeilgarten. Bonn, 2014. Foto: N. Breidenstein/ LVR-Industriemuseum

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