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Pressemeldung

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Newsletter "Rechtsfragen der Jugendhilfe"

Ausgabe Januar 2018

1. Aus der Gesetzgebung in Nordrhein-Westfalen

Entwurf des Ausführungsgesetzes zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes

Am 21. Dezember 2017 hat die nordrhein-westfälische Landesregierung den Entwurf des Ausführungsgesetzes zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes (AG-BTHG NRW) in den Landtag eingebracht (Drs. 17/1414). Der Landtag hat es an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales überwiesen.

Mit dem Gesetz sollen Menschen mit Behinderung in NRW je nach Lebensphase einen einheitlichen Träger für alle Aufgaben der Eingliederungshilfe erhalten. Die Fachleistungen der Eingliederungshilfe sollen im Grundsatz bei den Landschaftsverbänden gebündelt werden. Die Zuständigkeit für Leistungen der Eingliederungshilfe an Kinder und Jugendliche, die in der Herkunftsfamilie leben, sollen jedoch bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres, längstens bis zum Abschluss einer ersten allgemeinen Schulausbildung, in der Zuständigkeit der Kreise und kreisfreien Städte liegen.

Pauschalbeträge bei Vollzeitpflege und Barbeträge gemäß § 39 SGB VIII

Der Runderlass des Ministeriums für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration über Pauschalbeträge bei Vollzeitpflege und Barbeträge gemäß § 39 SGB VIII ist am 15. Dezember 2017 im Ministerialblatt NRW veröffentlicht worden (MBl. NRW. 2017, S. 1019). Er legt die Höhe der materiellen Aufwendungen sowie der Kosten der Erziehung fest und ist bereits am 1. Januar 2018 in Kraft getreten.

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2. Rechtsprechung

Einrichtungsbegriff bei mehreren Einrichtungsteilen an verschiedenen Standorten

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 24. August 2017

Az. 5 C 1.16

Die Klägerin ist Trägerin einer viergruppigen Kindertagesstätte. Nach Übernahme der Trägerschaft einer eingruppigen Kindertagesstätte im Nachbarort beantragte sie beim zuständigen Landesjugendamt, die bestehende Betriebserlaubnis für die viergruppige Kindertagesstätte abzuändern und ihr eine einheitliche Betriebserlaubnis für eine fünfgruppige Kindertagesstätte, bestehend aus einer Haupt- und einer Nebenstelle, zu erteilen. Das Landesjugendamt lehnte den Antrag ab und führte zur Begründung aus, es läge nicht eine Einrichtung vor, da es am unmittelbaren örtlichen Zusammenhang fehle. Es handele sich vielmehr um zwei selbständige Einrichtungen.

Das Verwaltungsgericht Koblenz hat das beklagte Landesjugendamt verpflichtet, der Klägerin eine einheitliche Betriebserlaubnis zu erteilen. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision des Landesjugendamtes mit der Begründung zurückgewiesen, dass eine Einrichtung im Sinne des SGB VIII auch aus zwei oder mehr Einrichtungsteilen bestehen könne, auch wenn diese in größerer Entfernung zueinander lägen. Es sei nicht erforderlich, dass sich die genutzten Räumlichkeiten „unter einem Dach“ befänden. Es genüge vielmehr, dass die Einrichtungsteile der Rechts- und Organisationssphäre des Trägers so zugeordnet seien, dass sie gemeinsam als Einrichtungsganzes anzusehen seien. Dies gelte jedenfalls dann, wenn die Einrichtungsteile alle im Zuständigkeitsbereich desselben überörtlichen Trägers der Jugendhilfe lägen.

Die Entscheidung ist auf der Internetseite des Bundesverwaltungsgerichts abrufbar.

Kein Mitvormund für unbegleiteten minderjährigen Flüchtling

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13. September 2017

Az. XII ZB 497/16

Der Betroffene reiste im Jahr 2015 als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling nach Deutschland ein. Das zuständige Amtsgericht stellte das Ruhen der elterlichen Sorge fest und bestellte das Kreisjugendamt zum Amtsvormund. Dieses beantragte, die Vertretung des Minderjährigen bei der Aufenthaltssicherung nach dem Asyl- und Ausländerrecht einem insoweit fachkundigen Rechtsanwalt als Mitvormund zu übertragen.

Das Amtsgericht hat den Antrag abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Minderjährigen hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die hiergegen eingelegte Rechtsbeschwerde ebenfalls zurückgewiesen.

Zur Begründung führt der BGH aus, der Vormund müsse, wenn ihm die einschlägige Rechtskenntnis fehle, diesen Mangel an Eignung in eigener Verantwortung ausgleichen und fachspezifische Hilfe in Anspruch nehmen. Er müsse sich eigenständig um eine geeignete Rechtsberatung und anwaltliche Vertretung bemühen. Fehlten die dafür erforderlichen finanziellen Mittel, könne er auf Beratungs- und Prozess-/Verfahrenskostenhilfe zurückgreifen.

Auch das Europarecht führe zu keiner anderen Einschätzung. Ein Vormund müsse nicht alle Angelegenheiten seines Mündels in eigener Person sachkundig wahrnehmen können. Insbesondere in medizinischen und rechtlichen Fragen müsse er sich der Hilfe Dritter bedienen, ohne dass dies seine Eignung als Vormund in Frage stelle. Ein unbegleitet eingereister Minderjähriger dürfe insoweit nicht bessergestellt werden als ein Minderjähriger, der mit seinen Eltern eingereist ist.

Sie finden den Beschluss auf der Internetseite des Bundesgerichtshofs.

Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte aus Gründen des Kindeswohls

Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 7. November 2017

Az. VG 36 K 92.17 V

Mit Urteil vom 7. November 2017 hat das Verwaltungsgericht Berlin eine Entscheidung zum Familiennachzug getroffen. Darin überprüft das Gericht die Vereinbarkeit der Aussetzung des Familiennachzugs mit höherrangigem Recht, die mit dem sogenannten „Asylpaket II“ eingeführt wurde. Im Kern erklärt es die Aussetzung des Familiennachzugs für rechtmäßig, allerdings müssten die gesetzlich vorgesehenen Härtefallregelungen angewendet werden, insbesondere aus Gründen des Kindeswohls.

Geklagt hatten mehrere syrische Staatsangehörige, die den Zuzug zu ihrem Angehörigen in Deutschland erreichen möchten. Dieser war als unbegleiteter ausländischer Minderjähriger nach Deutschland eingereist und hat subsidiären Schutz erhalten. Sein Vormund hat einen Antrag auf Familiennachzug gestellt, der im weiteren Verlauf abgelehnt wurde. Mit der Klage macht der Vormund geltend, dass sein Mündel unter einer Traumatisierung und weiteren schwerwiegenden psychologischen Belastungen leide. Dies werde von der behandelnden Kinder- und Jugendpsychotherapeutin bestätigt. Die Zusammenführung mit der Familie sei daher psychotherapeutisch dringend notwendig.

Im Kern überzeugten das Gericht diese Gründe des Kindeswohls, weshalb die Erteilung der notwendigen Visa zum Zuzug nach Deutschland zugesprochen wurde. Zunächst stellte es fest, dass die Aussetzung des Familiennachzugs bis zum Stichtag 16. März 2018 gemäß § 104 Abs. 13 AufenthG grundsätzlich mit höherrangigem Recht vereinbar sei. Eine Differenzierung zwischen anerkannten Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten sei zulässig. Subsidiär Schutzberechtigten werde im Hinblick auf eine Sondersituation im Heimatland – ganz überwiegend Kriegsverhältnisse – zunächst in der Erwartung vorübergehender Schutz gewährt, dass eine Rückkehr in das Heimatland zu den dort verbliebenen Familienmitgliedern und keine dauerhafte Integration in die Gesellschaft des Aufnahmelandes erfolgt. Diese Erwartung bestehe bei wegen individueller Verfolgung anerkannten Flüchtlingen nicht. Bei diesen liege typischerweise eine dauerhafte Verlagerung des Lebensmittelpunktes vor.

Das Gericht stellte allerdings fest, dass in dem konkreten Fall die Ausnahmevorschriften der §§ 104 Abs. 13 S. 3, 22 AufenthG zu Unrecht nicht angewandt wurden. Hiernach kann einem Ausländer aus dringenden humanitären Gründen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Dies beinhalte auch gewichtige Erwägungen des Kindeswohls. Da das Kindeswohl im vorliegende Fall erheblich und akut gefährdet sei, sei die Herstellung der Familieneinheit zwingend geboten.

Hier finden Sie das Urteil.

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3. Neue Publikationen

Auswirkungen des Inkrafttretens der zweiten Stufe des Bundesteilhabegesetzes auf die Eingliederungshilfe gemäß § 35a SGB VIII

Das LVR-Landesjugendamt Rheinland hat ein Rundschreiben zu den Auswirkungen des Inkrafttretens der zweiten Stufe des Bundesteilhabegesetzes auf die Eingliederungshilfe gemäß § 35a SGB VIII veröffentlicht. Darin werden die zentralen Änderungen dargestellt. Durch diese Änderungen hat die Arbeitshilfe „Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche gemäß § 35a SGB VIII“ aus dem Jahr 2014 in Teilen keine Gültigkeit mehr.

Sie finden das Rundschreiben auf der Internetseite des Landesjugendamtes.

Urheberrecht bei Social Media

Der Berufsverband der Rechtsjournalisten hat ein eBook zum Thema Urheberrecht bei Social Media herausgegeben, in dem auf 27 Seiten dargestellt wird, worauf beim Teilen und Liken geachtet werden sollte.

Es enthält Definitionen der wichtigsten Social Media Dienste und eine Erläuterung zu den im Zusammenhang mit Social Media zu beachtenden Regelungen des Urhebergesetzes. Was Liken, Teilen und Posten rechtlich bedeutet wird ebenfalls näher dargestellt. Außerdem finden die Leserinnen und Leser Beispiele für häufige Verstöße gegen Urheberrechte in den Sozialen Diensten und wichtige Verhaltensregeln sowie FAQs zum Urheberrecht im Bereich Social Media.

Hier können Sie das eBook unter herunterladen.

Umsetzung des § 16h SGB II – Förderung schwer zu erreichender junger Menschen

Der Deutsche Verein hat Empfehlungen zur Umsetzung des § 16h SGB II – Förderung schwer zu erreichender junger Menschen herausgegeben.

Die Jobcenter sind nach dem SGB II verpflichtet, unverzüglich Leistungen zur Eingliederung in Arbeit zu erbringen oder Möglichkeiten zur Vermittlung in eine Ausbildung zu nutzen, wenn kein Berufsabschluss vorhanden ist. Dabei gilt für erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die noch nicht 25 Jahre alt sind, im Vergleich zu Leistungsberechtigten über 25 Jahren ein besserer Betreuungsschlüssel, aber es gelten auch schärfere Sanktionsregeln.

Durch § 16h SGB II erhalten die Jobcenter die Möglichkeit, für schwer zu erreichende junge Menschen die Betreuung zu intensivieren und sozialpädagogisch auszurichten. Sanktionen sind bei der Umsetzung des § 16h SGB II nicht zielführend.

Die Empfehlungen des Deutschen Vereins stellen auf 18 Seiten dar, wie der § 16h SGB II organisatorisch und fachlich umgesetzt werden kann. Sie richten sich an die Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende, die Leitungs- und Fachkräfte der Jobcenter und Jugendämter, die Bundesländer und alle Akteure, die an der Umsetzung des § 16h SGB II mitwirken.

Sie finden die Arbeitshilfe auf den Seiten des Deutschen Vereins.

Hinweise zum Umgang mit Minderjährigenehen

Der Verein Terre des femmes hat eine Informationsschrift herausgegeben, wie die Neuregelungen des Kinderehenbekämpfungsgesetzes in die Praxis umgesetzt werden können. Darüber hinaus stellt die Organisation die wichtigsten gesetzlichen Änderungen in einer Kurzfassung dar.

Weitere Informationen finden Sie hier.

Mitwirkungspflichten im Ausländerrecht

Der Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt e.V. und Pro Asyl haben ein Infoblatt und ein 17-seitiges Rechtsgutachten herausgegeben, die sich mit den Mitwirkungspflichten im Ausländerrecht beschäftigen.

Das deutsche Migrationsrecht enthält zahlreiche Mitwirkungspflichten im ausländer- und asylrechtlichen Verfahren. Deren Nichterfüllung kann zu Sanktionen wie Arbeitsverboten, Einschränkung von Sozialleistungen oder die Nichterteilung von Aufenthaltstiteln führen.

Die Publikationen widmen sich in unterschiedlicher Ausführlichkeit der Frage, welche Mitwirkungspflichten es gibt, welchen Umfang sie für die Betroffenen haben und welche Sanktionen unter welchen Voraussetzungen im aufenthaltsrechtlichen Verfahren möglich sind. Außerdem werden Rechtsschutzmöglichkeiten gegen die unterschiedlichen Sanktionen dargestellt.

Beide Veröffentlichungen finden Sie hier.

Kindesentführungen ins Ausland

In rund 230 Fällen von Kindesentführungen ins Ausland liegen dem Bundesamt für Justiz Anträge auf Rückführung nach Deutschland vor. Dies ergibt sich aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (BT-Drs. 19/329). Unterstützung für Betroffene biete vor allem der Verein „Internationales Mediationszentrum für Familienkonflikte und Kindesentführungen“ (MiKK) sowie die von der Bundesregierung eingesetzte Zentrale Anlaufstelle für grenzüberschreitende Kindschaftskonflikte und Mediation beim Internationalen Sozialdienst.

4. Termine

Qualifizierung der Vormundschaft

Seit Inkrafttreten des neuen Vormundschaftsrechts werden viele neue Anforderungen an die Führung von Vormundschaften und Pflegschaften gestellt. Die gesetzlichen Grundlagen, die Rolle und Bedeutung des Vormunds / der Vormundin im Leben des Mündels, vertiefte psychologische Fachkenntnisse, die Klärung der Kooperationen im (Helfer-)System und das Verfahrensrecht sind dabei wichtige Themen, die dieses neue Fortbildungsangebot aufgreift. Die Fortbildungsreihe besteht aus fünf Modulen und kann auf Wunsch mit einem Zertifikat abgeschlossen werden.

Weitere Informationen zu den Terminen und Inhalten der Module erhalten Sie im Online-Veranstaltungskatalog des LVR-Landesjugendamts.

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Der Newsletter "Rechtsfragen der Jugendhilfe" ist ein kostenloser Service des Landschaftsverbandes Rheinland, LVR-Dezernat Jugend, 50663 Köln.

Bei Fragen helfe ich Ihnen gerne weiter

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