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Pressemeldung

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Newsletter "Rechtsfragen der Jugendhilfe"

Ausgabe August 2022

1. Aus der Gesetzgebung des Bundes

Eckpunkte Selbstbestimmungsgesetz

Durch das Selbstbestimmungsgesetz soll eine einheitliche Regelung für trans-, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen zur Änderung des Geschlechtseintrages und der Vornamen eingeführt werden. Eine Erklärung vor dem Standesamt soll eine Änderung des Geschlechtseintrages und der Vornamen ermöglichen. Die Vorlage eines ärztlichen Attests oder die Einholung von Gutachten in einem Gerichtsverfahren sollen nach dem Selbstbestimmungsgesetz nicht länger erforderlich sein.

Für Minderjährige sind ebenfalls Regelungen geplant. So sollen für Minderjährige bis 14 Jahre oder bei Geschäftsunfähigkeit des Minderjährigen die Sorgeberechtigten die Änderungserklärung gegenüber dem Standesamt abgeben können. Für Minderjährige ab 14 Jahren ist vorgesehen, dass die Minderjährigen die Erklärung selbst mit Zustimmung der Sorgeberechtigten abgeben können. Um die Persönlichkeitsrechte der jungen Menschen zu wahren, sollen Familiengerichte in den Fällen, in denen die Sorgeberechtigten nicht zustimmen, orientiert am Kindeswohl - wie auch in anderen Konstellationen im Familienrecht - die Entscheidung der Eltern auf Antrag des Minderjährigen ersetzen können.

Eckpunkte Selbstbestimmungsgesetz

Gesetzentwurf zur Abschaffung der Kostenheranziehung von jungen Menschen in der Kinder- und Jugendhilfe

In der Kinder- und Jugendhilfe werden junge Menschen, die in einer Pflegefamilie oder einer Einrichtung oder sonstigen Wohnform der Kinder- und Jugendhilfe leben und die ein eigenes Einkommen haben, zu den Kosten der Leistung der Kinder- und Jugendhilfe aus ihrem Einkommen herangezogen. Sie haben bis zu 25 % ihres Einkommens als Kostenbeitrag einzusetzen. Das Bundeskabinett hat am 13. Juli 2022 den vom Bundesfamilienministerium vorgelegten Gesetzentwurf zur vollständigen Abschaffung der Kostenheranziehung in der Kinder- und Jugendhilfe beschlossen.

Die Befassung von Bundesrat und Bundestag ist für den Herbst/Winter 2022 geplant. Das Gesetz soll zum 1. Januar 2023 in Kraft treten.

Gesetzentwurf zur Abschaffung der Kostenheranziehung von jungen Menschen in der Kinder- und Jugendhilfe

Chancen-Aufenthaltsrechtsgesetz

Am 6. Juli 2022 hat die Bundesregierung das vom Bundesministerium des Inneren und für Heimat vorgelegte erste Migrationspaket beschlossen. Die wichtigsten Bausteine sind die Einführung eines Chancen-Aufenthaltsrechts, Erleichterungen bei der Fachkräfteeinwanderung, der unmittelbare Zugang zu Integrationskursen sowie die Ausweisung von Straftätern.

Mit dem Chancen-Aufenthaltsrecht wird es Menschen, die am 1. Januar 2022 seit fünf Jahren geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis in Deutschland leben, ermöglicht, ein einjähriges Chancen-Aufenthaltsrecht zu erwerben. Zudem werden die geltenden Bleiberechtsregelungen weiterentwickelt. Auswirkungen hat dies auch auf Regelungen für Jugendliche und Heranwachsende. Bislang eröffnete § 25a AufenthG gut integrierten Jugendlichen und Heranwachsenden den Weg zum Erhalt einer Aufenthaltserlaubnis aufgrund erfolgter Integration und einer vierjährigen Duldung oder Gestattung. Nach diesem Gesetz wird diesen Jugendlichen und Heranwachsenden die Aufenthaltsgewährung nach § 25a AufenthG ermöglicht, wenn sie sich seit drei Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet aufgehalten haben.

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2. Rechtsprechung

Fehlende Kindeswohldienlichkeit bei verfestigtem Loyalitätskonflikt

Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 30. Juni 2022

Az. 18 UF 22/22

Die Antragstellerin hat Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Freiburg eingelegt. Das Amtsgericht hatte ihren Antrag auf gerichtliche Anordnung von Umgangskontakten mit den minderjährigen Kindern der Antragsgegnerin abgelehnt.

Die Kinder stammen aus einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft der Beteiligten, in welcher die Antragsgegnerin nach gemeinsamem Entschluss durch künstliche Befruchtung zwei Kinder ausgetragen und geboren hat. Eine Stiefkindadoption durch die Antragstellerin ist nicht erfolgt. Sorgerechtliche Regelungen wurden nicht getroffen.

Nach der Trennung der Beteiligten lebten die Kinder bei der Antragsgegnerin. Nach ca. zwei Monaten Umgangskontakt lehnte die Antragsgegnerin den Kontakt der Kinder zu der Antragstellerin ab.

Die Antragstellerin macht geltend, zwischen ihr und den Kindern habe eine sozial-familiäre Bindung bestanden und das Vertrauensverhältnis zwischen ihr und den Kindern sei weiterhin vorhanden. Die Anordnung des begehrten Umgangs diene dem Kindeswohl, da die Aufrechterhaltung der Bindung der Entwicklung der Kinder förderlich sei (§ 1626 Abs. 3 S. 2 BGB).

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet. Nach Auffassung des Senats hat das Amtsgericht den Antrag der Antragstellerin zu Recht zurückgewiesen.

Zunächst sei es zutreffend gewesen, dass das Amtsgericht ein etwaiges Recht auf Umgang der Antragstellerin nach § 1685 Abs. 2 BGB bewertet hat. Die Antragstellerin hat die Kinder weder geboren noch ist sie im Wege der Stiefkindadoption Mutter der Kinder geworden, sodass das Umgangsrecht an die soziale Herkunft und soziale Bezugspersonen gemäß § 1685 BGB anzuknüpfen ist.

Der Antragstellerin ist nach Auffassung des Oberlandesgerichts kein Umgang mit den Kindern zu gewähren, da dieser nicht dem Wohl der Kinder diene.

Zwar sei die Antragstellerin eine enge Bezugsperson der Kinder im Sinne von § 1685 Abs. 2 BGB. Sie war in erheblichem Umfang in die Versorgung, Betreuung und Erziehung der Kinder eingebunden.

Für die Anordnung von Umgangskontakten müsse aber positiv feststehen, dass der Umgang dem Kindeswohl tatsächlich dient. Dafür reiche die Aufrechterhaltung einer Bindung zwischen der Antragstellerin und den Kindern nicht aus. Die Kinder befinden sich aufgrund der vehementen Ablehnung der Antragsgegnerin in einem gravierenden Loyalitätskonflikt. Sie haben im Rahmen von Anhörungen nachdrücklich erklärt, dass sie die Antragstellerin nicht sehen wollen und nicht vermissen würden. Zwar sei ersichtlich, dass dieser geäußerte Wille durch die Haltung der Mutter beeinflusst wurde. Allerdings sei die Haltung derart verfestigt, dass die Kinder auf die Aussicht eines Treffens mit der Antragstellerin mit Ängsten reagieren.

Es sei zu befürchten, dass die Antragsgegnerin sich weiterhin vehement gegen jegliche Kontaktform wehrt. Daher könne ein Umgang der Kinder mit der Antragstellerin für das Kindeswohl nicht förderlich sein. Durch erzwungene Umgangskontakte würde sich der Loyalitätskonflikt nur weiter verschärfen.

Gefährdungseinschätzung ist kein laufendes Verwaltungsverfahren nach § 8 SGB X

Verwaltungsgericht Aachen, Urteil vom 9. Juni 2022

Az. 8 K 3160/19

Nach der Trennung der Eltern gab es mehrere familiengerichtliche Verfahren beim Familiengericht betreffend die elterliche Sorge und das Umgangsrecht. Im März 2019 wurde das Jugendamt der Beklagten durch Dritte auf eine mögliche Kindeswohlgefährdung aufmerksam gemacht, die sich jedoch nicht bestätigte. Der Kläger verlangte daraufhin Akteneinsicht in die Jugendamtsakte der Beklagten betreffend seinen Sohn, welche die Beklagte mangels Anspruchsgrundlage ablehnte.

Das Verwaltungsgericht Aachen bestätigte diese Auffassung und entschied, dass in diesem Fall weder ein Auskunftsanspruch nach § 25 SGB X noch ein Informationsanspruch nach § 4 IFG NRW bestehe. Der Akteneinsichtsanspruch nach § 25 Abs. 1 SGB X bestehe nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Vorschrift nur während eines laufenden Verwaltungsverfahrens i.S.v. § 8 SGB X. Bei einer Gefährdungsrisikoeinschätzung nach § 8a Abs. 1 SGB VIII handelt es sich lediglich um ein Verfahren zur Informationsgewinnung, das der Entscheidung des Jugendamtes darüber, ob ein Verwaltungsverfahren eingeleitet wird, etwa zur Gewährung von Hilfen nach den §§ 27 ff. SGB VIII oder zur Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII vorgelagert ist.

Urteil des Verwaltungsgericht Aachen

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3. Veranstaltungen

Kostenheranziehung nach dem SGB VIII: Online-Grundlagenseminar für Fachkräfte der wirtschaftlichen Jugendhilfe

Am 7. September 2022 findet eine Fortbildungsveranstaltung (Online-Format) für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der wirtschaftlichen Jugendhilfe statt. Sie behandelt den Bereich der Kostenheranziehung und richtet sich hauptsächlich an Neueinsteiger*innen, die im Bereich der wirtschaftlichen Jugendhilfe arbeiten.

In diesem Seminar werden die Grundlagen der Kostenheranziehung vermittelt.

Referenten sind Andreas Jung, Fachbereichsleitung Jugend und Sabine Lehmann, Fachberatung wirtschaftliche Jugendhilfe, im LVR-Landesjugendamt Rheinland.

Die Veranstaltung findet auf einer Online-Plattform (ZOOM) statt. Der Teilnahmebetrag beträgt 30,00 Euro.

Ein weiteres Seminar für erfahrene Fachkräfte der wirtschaftlichen Jugendhilfe ist für den 21. November 2022 in Planung.

Veranstaltungs- und Anmeldeseite im Online-Katalog

Web-Sprechstunde Kinderschutz für Träger, Jugendämter und Fachberatungen mit dem Schwerpunkt Kindertagespflege

Mit der im Jahr 2021 erfolgten Novellierung des SGB VIII wurde ein weiterer Baustein des Kinderschutzes gesetzlich festgeschrieben, der durch das neue Landeskinderschutzgesetz NRW (LKSchG NRW) noch erweitert wurde. § 11 Abs. 1 Landeskinderschutzgesetz sieht die Verankerung von Schutzkonzepten zur Sicherung der Rechte von Kindern und Jugendlichen und zu deren Schutz vor Gewalt vor. Träger und Angebotserbringer (etwa Tagespflegepersonen) sind gefordert auf die Entwicklung, Anwendung und Überprüfung dieser Konzepte hinzuwirken, sowie geeignete Verfahren der Beteiligung und Beschwerde zu gewährleisten.

Um Fragen zu klären und in den Austausch zu kommen, lädt das LVR-Landesjugendamt Rheinland zur Veranstaltung „Hinweise für Fachberatungen/Jugendämter zur Schutzkonzepterstellung in Settings der Kindertagespflege“ ein.

Die kostenlose Web-Sprechstunde findet am 8. September 2022 von 09:30 bis 12.30 Uhr via Zoom statt.

Veranstaltungs- und Anmeldeseite im Online-Katalog

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4. Publikationen

Jugendhilfereport 3/2022

Die Ausgabe 3/2022 des Jugendhilfereports des LVR-Landejugendamts Rheinland ist mit dem Schwerpunkt „Wie Kommunen zu gesellschaftlicher Teilhabe beitragen“ erschienen.

Der Jugendhilfereport kann auch im digitalen Abonnement bezogen werden.

Reflexionshilfe - Gesetzliche Betreuung nach einer Vormundschaft

Bei dem Übergang zwischen Jugend- und Erwachsenenalter steht für junge Menschen mit geistiger oder seelischer Behinderung oftmals die Entscheidung an, ob sie nach einer Vormundschaft eine gesetzliche Betreuung benötigen und wünschen.

Lebt ein junger Mensch in einer Pflegefamilie und sind die Pflegeeltern Vormund, werden diese nicht selten damit konfrontiert, die gesetzliche Betreuung zu übernehmen.

Über Voraussetzungen, Aufgaben und Rollen einer gesetzlichen Betreuung und die Unterschiede zwischen der Vormundschaft für einen minderjährigen Menschen und der gesetzlichen Betreuung für einen Erwachsenen müssen Pflegeeltern rechtzeitig und umfänglich informiert werden.

Zu diesem Zweck hat das LWL-Landesjugendamt Westfalen eine Reflexionshilfe herausgegeben, die Fachkräfte aus der Kinder- und Jugendhilfe sowie aus der Eingliederungshilfe gezielt informiert, damit diese Betroffene entsprechend beraten können.

Verantwortung tragen und Herausforderungen angehen! Leaving Care vor Ort verbindlich gestalten

In ihrem Positionspapier setzt sich die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe (AGJ) mit der Frage auseinander, wie eine verbindliche Gestaltung von Leaving Care auf kommunaler Ebene realisiert werden muss. Die neuen rechtlichen Regelungen des Prozesses Leaving Care, die durch das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) angestoßen wurden, erforderten aus Sicht der AGJ jetzt eine aktive Umsetzung vor Ort durch alle zuständigen Beteiligten in der Politik, den Kommunen, der öffentlichen und freien Kinder- und Jugendhilfe als auch in den rechtskreisübergreifenden Ressorts. Das Positionspapier zeigt auf, welche Voraussetzungen aus Sicht der AGJ geschaffen werden müssen, um die Rechte der jungen Menschen umzusetzen und deren gleichberechtigte soziale Teilhabe zu gewährleisten.

Positionspapier der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe (AGJ)

Merkblätter zu Kindergeld und Kinderzuschlag

Die Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit hat Merkblätter zum Thema Kindergeld sowie zum Zuschlag zum Kindergeld für Familien mit kleinem Einkommen veröffentlicht.

Das Merkblatt zum Kindergeld gibt Informationen und Erklärungen, zeigt Rechte und Pflichten auf, stellt Fragen und gibt Antworten. Es informiert über den Anspruch auf Kindergeld und die Voraussetzungen, die Antragstellung, die Auszahlung und die Höhe des Kindergeldes sowie den Pfändungsschutz.

Das Merkblatt zum Kinderzuschlag gibt einen Überblick über die gesetzlichen Regelungen und behandelt unter anderem die Anspruchsvoraussetzungen, den Bewilligungs- und Bemessungszeitraum sowie die Art und Weise der Antragstellung.

Merkblatt zum Zuschlag zum Kindergeld für Familien mit kleinem Einkommen

Merkblatt zum Kindergeld

Impulspapier zum neuen Verfahrenslotsen gemäß § 10b SGB VIII

Der Bundesverband für Erziehungshilfe e.V. hat sich in einem Impulspapier mit dem Thema Verfahrenslotsen/Verfahrenslotsinnen befasst. Diese Aufgabe ist ab dem 1. Januar 2024 bei den örtlichen Trägern der Jugendhilfe angesiedelt und erweitert den Beratungsanspruch für die Personengruppe der jungen Menschen mit (drohender) Behinderung und deren Familien. Das Impulspapier setzt sich mit den Anforderungen und Umsetzungsmöglichkeiten auseinander und gibt praktische Lösungsansätze. Thematisiert werden insbesondere die fachlichen Anforderungen an die Fachkräfte, aber auch die infrastrukturelle Umsetzung für den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe.

Impulspapier zum neuen Verfahrenslotsen des Bundesverbands für Erziehungshilfe e.V.

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5. Aktuelles zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen aus der Ukraine auf den Internetseiten des LVR-Landesjugendamts Rheinland

Aktuelle Informationen zu Kindern und Jugendlichen aus der Ukraine finden Sie hier. Dort finden Sie unter anderem Informationen, Rechtsgutachten, FAQs und Links zu den Themen Inobhutnahme und Verteilung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge, der Landeskoordinierungsstelle, einrichtungsbezogene Fragestellungen, zur Kostenerstattung und anderen Themenfeldern sowie Ansprechpersonen im LVR-Landesjugendamt Rheinland.

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Der Newsletter "Rechtsfragen der Jugendhilfe" ist ein kostenloser Service des Landschaftsverbandes Rheinland, LVR-Dezernat Jugend, 50663 Köln.

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