Zum Inhalt springen

Auswahl der Sprachversion

Pressemeldung

Zurück zur Übersicht

ICOM Deutschland fordert unbürokratische Hilfen und einen entschiedenen Umgang mit dem Klimawandel

Nachfolgend die Stellungnahme zur Hochwasserkatastrophe im Westen Deutschlands und Teilen Europas von Beate Reifenscheid, Präsidentin von ICOM Deutschland.

In der vergangenen Woche brachen Unwetter über weite Teile von Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen sowie Belgien und die Niederlande herein, haben die Landschaft und Ortschaften verwüstet und eine unfassbar hohe Anzahl an Menschenleben gekostet. Es ist eine menschliche Tragödie, an der wir als Gemeinschaft lange noch tragen werden und deren Folgen wir gerade erst beginnen zu begreifen. Ungeachtet der Aufräumarbeiten und der Instandsetzung all dessen, was noch zu retten ist, werden wir uns damit auseinandersetzen müssen, wie wir uns zukünftig besser schützen, worauf wir weit mehr achten und welche maßvollen Präventionsaufgaben wir sofort, mittelfristig und längerfristig umsetzen müssen. In den betroffenen Gebieten sind Kulturdenkmäler beschädigt oder unwiederbringlich zerstört worden, Archive untergegangen. Museen (insbesondere Freilichtmuseen), die schwere Schäden erlitten haben, sind zum Beispiel: Fränkisches Freilandmuseum, Freilichtmuseum Kommern, Museum für Industriekultur Wuppertal, Museum für Ostasiatische Kunst Köln.

Das Ausmaß wird erst sichtbar werden, wenn uns alle Meldungen vorliegen. Folgeschäden durch Feuchtigkeit, Pilzbefall etc. werden über längere Sicht überhaupt erst erkennbar sein. Es wird eine Menge an finanzieller Unterstützung bedürfen, um Museen, Kulturstätten und Kunstwerke wieder instand zu setzen und die erforderlichen Sicherungs- bzw. Restaurierungsmaßnahmen durchzuführen. Natürlich steht an erster Stelle der Wiederaufbau der betroffenen Gemeinden, die Linderung von menschlicher Not und die menschliche Zuwendung zu all jenen, die am schlimmsten betroffen sind. Aber wir dürfen darüber nicht die Bedeutung unserer verloren gegangenen Kulturschätze vernachlässigen, oder diese nun hintanstellen, sondern sollten uns auf die Rettung dessen konzentrieren, was für die Gegenwart und Zukunft erhalten werden kann. Dazu bedarf es sicherlich auch den politischen Willen, dies auf Bundes- und Länderebene als wichtige Aufgabe zu kommunizieren und zugleich eine Priorisierung in der finanziellen Unterstützung anzustoßen, damit diese unbürokratisch den betroffenen Institutionen gewährleistet werden kann. Es ist eine gewaltige Kraftanstrengung mehr, die nach und während der Corona-Pandemie erforderlich ist.

Es ist höchste Zeit umzudenken.
ICOM Deutschland hat im vergangenen Jahr, gemeinsam mit ICOM Griechenland und ICOM Zypern, bereits eine für alle Museen entscheidende Tagung digital durchgeführt: Museums facing a planetary emergency, auf der es um eine Vielzahl dieser Naturkatastrophen und anderen Bedrohungsfaktoren im Museumssektor ging. Überflutungen, Brände, klimatische Anpassungen etc. sind bedeutsame Themenkomplexe gewesen, die zugleich offenbarten, dass noch vieles nachgearbeitet werden muss. Museen müssen dringend ertüchtigt werden, den klimatischen Bedingungen besser begegnen und Kulturgut schützen zu können. Es wird vor der aktuellen Situation auch noch einmal grundlegend zu überdenken sein, ob die gewählten Standorte aktuell überhaupt noch geeignet oder entsprechend sicher sind. Hier wird man einige Institutionen vermutlich umsiedeln müssen.

Der Klimawandel ist kein neues Thema, sondern spätestens seit 1988 ein zentrales Thema. Nachdem man diesen aber dennoch für mindestens zwei Jahrzehnte in großen Teilen der Welt politisch ignoriert hat, findet seit einiger Zeit ein Wandel in der Wahrnehmung der Problematik statt. Auf der großen politischen Weltbühne driften die Interessen jedoch leider immer noch viel zu weit auseinander. In der internationalen Museumscommunity ist man sich diesbezüglich jedoch längst einig. Viele vorliegende Forschungsdaten ermöglichen es uns, die Museen gut zu rüsten und Expertise einzubringen, auch entsprechende Beratungen bei offiziellen Entscheidungsträgern zu bieten. Wir sehen hier hohen Handlungsbedarf, den es jetzt und fortgesetzt mit Entschiedenheit umzusetzen gilt. Dazu möchten wir gemeinsam mit der Politik erforderliche Maßnahmen entwickeln und diese noch offensiver in internationalen Foren verhandeln.

Information

Zurück zur Übersicht