Anforderungen an die gemeinsame Sorge nicht verheirateter Eltern
Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 24. Mai 2016
Az. 3 UF 139/15
Die nicht verheirateten Beteiligten stritten um das Sorgerecht betreffend ihres im Jahr 2006 geborenen Sohns. Die Eltern lebten bis 2013 zusammen mit dem Kind in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammen, ehe sie sich trennten und die Kindesmutter zusammen mit dem Kind ins Oldenburger Land verzog. Bereits zuvor verständigten sich die Eltern in einem ersten familiengerichtlichen Verfahren auf ein Umgangsrecht des Vaters mit seinem Kind.
Nach der Trennung beantragte der Vater, beiden Elternteilen das gemeinsame Sorgerecht und ihm das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind einzuräumen. Der Antrag blieb in erster Instanz erfolglos.
Das OLG Hamm hat auf die Beschwerde des Vaters die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt.
Der zuständige Senat hat in seiner Entscheidung die Anforderungen an eine zu treffende Sorgerechtsentscheidung gemäß § 1626a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) präzisiert: Nach der gesetzlichen Regelung stehe die elterliche Sorge für das Kind zunächst allein der Kindesmutter zu. Auf Antrag eines Elternteils übertrage das Familiengericht die elterliche Sorge beiden Eltern gemeinsam, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspreche. Letzteres werde vom Gesetz vermutet, soweit der andere Elternteil keine entgegenstehenden Gründe vortrage.
Weiter führt der erkennende Senat aus, dass das Gesetz in seiner aktuellen Fassung eine „negative“ Kindeswohlprüfung für die Anordnung einer gemeinsamen elterlichen Sorge nicht verheirateter Eltern voraussetze. Die erfordere eine hinreichend tragfähige soziale Beziehung zwischen den Kindeseltern, ein Mindestmaß an Übereinstimmung, sowie die grundsätzliche Fähigkeit zum Konsens. Dagegen sei eine Alleinsorge der Kindermutter dann aufrechtzuerhalten wenn – über eine schwerwiegende und nachhaltige Störung der elterlichen Kommunikation hinausgehend – die Kindeseltern keine das Kind betreffenden, gemeinsamen Entscheidungen finden könnten und das Kind durch eine gemeinsame elterliche Sorge erheblich belastet würde.
Alterseinschätzung bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen
Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen, Beschluss vom 21. September 2016
Az. 1 B 164/16
Die Antragsgegnerin nahm die Antragsstellerin nach einer durch Mitarbeiter des Jugendamtes erfolgten Alterseinschätzung am 22. Dezember 2015 vorläufig in Obhut.
Am 28. Dezember 2015 fand eine erkennungsdienstliche Behandlung der Antragsstellerin durch die Polizei Bremen statt. In der polizeilichen Datenbank wurde diese mit dem Geburtsdatum 5. Mai 1997 geführt. Daraufhin nahm die Antragsgegnerin die Inobhutnahme für die Zukunft zurück.
Da die Antragsstellerin hiergegen Widerspruch einlegte, fand durch das Jugendamt eine erneute Inaugenscheinnahme mit dem Ergebnis statt, die Antragsstellerin sei volljährig.
Die Antragsstellerin erhob hiergegen Klage und beantragte die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes.
Das Verwaltungsgericht Bremen hat am 9. Juni 2016 die aufschiebende Wirkung der Klage bis zur Beendigung des erstinstanzlichen Verfahrens, längstens bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres nach dem von der Antragsstellerin angegebenen Geburtsdatum, angeordnet (Az. 3 V 523/16).
Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts sei die Alterseinschätzung der Antragsgegenerin zweifelhaft. Die Kammer habe den Eindruck gewonnen, dass die Antragsstellerin minderjährig sei.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Beschwerde der Antragsgegnerin. Nach den eingeholten Auskünften der Bundespolizei handelt es sich beim Geburtsdatum um eine Eigenangabe der Antragsstellerin.
Die Antragsstellerin entgegnete hierauf, dass beim Unterschreiben des Formulars kein Dolmetscher anwesend gewesen sei. Die Altersangabe sei ihr damit nicht deutlich gewesen.
Das Oberverwaltungsgericht hat entschieden, dass die Beschwerde erfolglos ist.
Die zuletzt durch das Jugendamt erfolgte Alterseinschätzung genüge nicht den rechtlichen Anforderungen. Es spreche einiges dafür, dass sich das Ergebnis der beiden Fachkräfte des Jugendamtes ausschließlich auf das Ergebnis des polizeilichen Datenabgleichs gestützt habe.
Dafür spreche ein E-Mail-Verkehr zwischen der senatorischen Behörde und dem Jugendamt. Dieser lasse erhebliche Zweifel aufkommen, ob die Mitarbeiter im Anschluss noch in der Lage waren, eine Gesamtwürdigung von Aussehen, Verhalten und Vortrag der Antragsstellerin vorzunehmen, wie es § 42f Abs. 1 SGB VIII von ihnen verlange.
In der Niederschrift zu dem behördlichen Verfahren der Altersfeststellung sei kein Hinweis darauf enthalten, dass die Antragsstellerin mit den unterschiedlichen Altersangaben konfrontiert worden ist.
Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ist von Minderjährigkeit auszugehen, wenn Zweifel am Alter bestünden. Daher sei eine ärztliche Untersuchung in Betracht zu ziehen.
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