Entziehung der Kindertagespflegeerlaubnis bei unzureichender Aufsicht
OVG NRW, Beschluss vom 25. Januar 2022,
Az. 12 B 1966/21
Nachdem eine Tagesmutter in den Jahren 2018 sowie 2021 nachweislich die Aufsicht über die von ihr betreuten Kinder einer dritten Person überlassen hatte, hob die Stadt die Pflegeerlaubnis auf.
Die Antragstellerin hatte mit dem Verlassen der Wohnung als zuständige und mit den Kindern vertraute Person keine eigenen tatsächlichen Einflussmöglichkeiten auf die Kinder mehr. Dabei sei es unerheblich wie lange und wie weit entfernt die Tagesmutter sich nicht in der unmittelbaren Nähe aufgehalten habe. Die für die Erlaubnis zur Kindertagespflege erforderliche Eignung der Kindertagespflegeperson verlangt neben Weiterem, dass diese die Betreuung der ihr anvertrauten Kinder persönlich wahrnimmt. Die Betreuung darf auch in kleinerem Umfang nicht auf einen Dritten delegiert werden.
Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts NRW
Zulässige Vormundschaft des Jugendamtes
OLG Dresden, Beschluss vom 21.10.2021
Az. 23 UF 399/21
Der unbegleitete Minderjährige war als afghanischer Staatsangehöriger aus dem Iran nach Deutschland gereist und wurde vom Jugendamt Dresden in Obhut genommen. Beim Familiengericht Dresden wurde beantragt, dem Jugendlichen einen Vormund zu bestellen. Der als Vormund vorgeschlagene Verein lehnte die Vormundschaft ab, da Kapazitäten im Bereich der ehrenamtlichen Vormünder nicht vorhanden seien. Das Jugendamt schlug daher eine Mitarbeiterin des Vereins vor, die angab, die Vormundschaft übernehmen zu wollen. Dies wolle sie allerdings nicht in ehrenamtlicher Tätigkeit tun, sondern als Mitarbeiterin des Vereins.
Daraufhin stellte das Familiengericht das Ruhen der elterlichen Sorge für den betroffenen Minderjährigen fest und ordnete die Vormundschaft an. Zum Vormund bestellte es das Jugendamt Dresden. Nach der Auffassung des Gerichts ist eine als ehrenamtlicher Vormund geeignete Person nicht vorhanden. Zwischen der Vormundschaft des Jugendamts und der Vereinsvormundschaft bestehe kein Rangverhältnis. Es bestehe kein sachlicher Grund, das Jugendamt nicht als Vormund einzusetzen.
Gegen den Beschluss hat das Jugendamt Beschwerde eingelegt, soweit es zum Vormund bestimmt wurde. Es sei eine geeignete Person vorgeschlagen worden.
Die Beschwerde wurde zurückgewiesen.
Das Oberlandesgericht führte aus, dass das Familiengericht das Jugendamt zum Vormund für den betroffenen Jugendlichen bestellen konnte. Die Entscheidung zwischen mehreren möglichen Vormündern erfolge nach pflichtgemäßem Ermessen.
Als Vormund komme gemäß § 1779 Abs. 2 BGB eine natürliche Person in Betracht. Darüber hinaus sehe § 1791 a Abs. 1 BGB vor, dass ein rechtsfähiger Verein zum Vormund bestellt werden kann, wenn er vom Landesjugendamt hierzu für geeignet erklärt worden ist und eine als ehrenamtlicher Einzelvormund geeignete Person nicht vorhanden ist. Gemäß § 1791 b Abs. 1 BGB kann, wenn eine als ehrenamtlicher Einzelvormund geeignete Person nicht vorhanden ist, auch das Jugendamt zum Vormund bestellt werden. Neben der ehrenamtlichen Einzelvormundschaft ist auch deren berufsmäßige Führung möglich, wie sich aus § 1836 BGB ergibt. Analog § 1897 Abs. 2 BGB kann ein Vereinsmitarbeiter mit Zustimmung des Vereins zum Berufsvormund bestellt werden.
Hieraus ergebe sich zunächst, dass vorrangig ein ehrenamtlicher Einzelvormund zu bestellen sei, wenn ein solcher zur Verfügung stehe. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Zwischen den verbleibenden Vormundschaftsformen besteht kein gesetzliches Rangverhältnis. Daraus ergebe sich, dass das Familiengericht eine Ermessensentscheidung zu treffen habe. Die Auswahl des Jugendamts als Vormund sei, nachdem ein ehrenamtlicher Vormund nicht zur Verfügung stehe, auch bei einer Wiederholung der Ermessensausübung durch das Beschwerdegericht nicht zu beanstanden. Maßgeblich für die Ermessensentscheidung sei das Kindeswohl. Sowohl der Amtsvormund als auch der Vereinsvormund sind gleichermaßen zur Führung der Vormundschaft geeignet. Maßgeblich ist nach Auffassung des Oberlandesgerichts, dass der Jugendliche bereits seit einem halben Jahr von dem Jugendamt betreut werde. Die Kontinuität bei der Person spreche dafür, es bei der jetzigen Reglung zu belassen.
Pflichtwidriges Handeln nach § 89c SGB VIII
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 26. November 2021
Az. 12 ZB 20.900
Seit Juli 2014 gewährte die Klägerin Jugendhilfe nach § 34 SGB VIII und begehrte beim Beklagten ab Dezember 2014 die Fallübernahme sowie Kostenerstattung nach § 89c SGB VIII, da die allein sorgeberechtigte Mutter in dessen Bereich verzog.
Der Beklagte teilte der Klägerin mit, dass große Zweifel bestünden, ob die Mutter im Zuständigkeitsbereich des Beklagten ihren gewöhnlichen Aufenthalt begründe. Eine Fallübernahme werde daher später erfolgen, sofern die Mutter im Februar 2015 weiterhin im Bereich des Beklagten wohne. Gleichzeitig wurde Kostenerstattung nach § 89c SGB VIII zugesagt.
Da die Fallübernahme durch den Beklagten hinausgezögert wurde und damit aus Sicht der Klägerin ein pflichtwidriges Handeln vorliege, begehrte sie nun auch die Erstattung von Mehrkosten nach § 89c Abs. 2 SGB VIII.
Das Verwaltungsgericht Regensburg hat die Klage auf Zahlung des Mehrkostenzuschlages abgewiesen. Dem Beklagten sei zuzugestehen, dass er zunächst seine örtliche Zuständigkeit eingehend geprüft habe.
Gegen die verwaltungsgerichtliche Entscheidung hat die Klägerin erfolgreich Berufung eingelegt.
Ein pflichtwidriges Handeln liege dann vor, wenn die eigene Zuständigkeit erkannt und dennoch die notwendige und geeignete Hilfeleistung abgelehnt, verzögert oder unzureichend gewährt werde. Ebenso könne ein pflichtwidriges Handeln vorliegen, wenn der angegangene Jugendhilfeträger nichts zu Feststellung der Zuständigkeitsvoraussetzungen unternehme.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof ist der Ansicht, dass dem Beklagten alle notwendigen Unterlagen zur Überprüfung der Zuständigkeit vorlagen, sodass sich die verzögerte Fallübernahme als pflichtwidrig darstelle. Außerdem sei es widersprüchlich, Kostenerstattung zuzusichern, die Fallübernahme aber gleichzeitig zu verweigern.
Dieses Verhalten ziele vielmehr darauf ab, im Falle eines möglichen Wegzuges der Mutter, notwendigen Verwaltungsaufwand zu vermeiden und auf die Klägerin abzuwälzen.
Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof
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