Köln, 13. August 2021. Der deutsche Automobilhersteller Ford hat die Einrichtung eines kollaborierenden Roboters erfolgreich abgeschlossen. Nach rund einem Jahr Forschung, Entwicklung, Schulung von Mitarbeitenden und Trockenläufen arbeitet der sogenannte Kobot, ein Wortspiel aus kollaborierend (zusammenarbeitend) und Roboter, nun taktgebunden im Linienfluss im Kölner Motorenwerk. Ford, die Rheinisch Westfälisch Technische Hochschule in Aachen (RWTH) sowie der Landschaftsverband Rheinland (LVR) forschten rund ein Jahr lang an dieser neuen Einsatzmöglichkeit. Das vom LVR mit 372.000 Euro geförderte Modellprojekt hatte das Ziel, den Roboter dergestalt in eine Fertigung einzubauen, dass ein Mensch mit Schwerbehinderung sich einen Arbeitsplatz mit einem Roboter teilt.
Der Kobot setzt gemeinsam mit einem Mensch Magnetspulen in einen Öler ein, nimmt diese anschließend auf und presst sie in den Stirndeckel des Motorblocks. Diese Arbeit erfordert große Eindruckkräfte, die selbst für gesunde Arbeitende auf Dauer belastend sein können. Bei den menschlichen Partnern handelt es sich um Mitarbeitende mit Schulter- und Handgelenkproblemen. So konnte ein Arbeitsplatz für zwei Beschäftigte mit Schwerbehinderung geschaffen werden. Das Besondere ist die Konfiguration des Roboters: Er arbeitet mit dem Menschen interaktiv „Hand in Hand“ und ist nicht durch eine Schutzeinrichtung, wie zum Beispiel einen Maschinenschutzzaun, abgetrennt.
Roboter werden seit vielen Jahrzehnten in der Automobilindustrie eingesetzt, allerdings zumeist hinter Schutzvorrichtungen oder als autonome Fahrroboter, die Materialien transportieren. In diesem Fall bestand die Herausforderung darin, den Arbeitsplatz so zu gestalten, dass sowohl die Voraussetzungen der taktgebundenen Fertigung, die Anforderungen der Arbeitssicherheit als auch die barrierefreie Gestaltung des Arbeitsplatzes berücksichtigt sind.
„Zwischen Ford und dem LVR ist eine über die Jahre stetig gewachsene und sehr gute Kooperation entstanden, die für die Förderung von Inklusion auf dem Arbeitsmarkt einen großen Nutzen bedeutet“, erklärt hierzu Prof. Dr. Angela Faber, LVR-Dezernentin Schulen, Inklusionsamt, Soziale Entschädigung. „Auch die Erkenntnisse aus dem aktuellen Modellprojekt Kobot helfen uns enorm dabei, die Beschäftigungsmöglichkeit von Menschen mit Behinderung erweitern und neue technische Entwicklungen nutzen zu können.“ Christoph Beyer, Leiter des LVR-Inklusionsamtes ergänzt: „Mit den Mitteln der Ausgleichsabgabe hat das LVR-Inklusionsamt in den letzten Jahren schon auf sehr vielfältige Weise Arbeitsplätze bei Ford umgestalten, ausbauen und sichern können. Ford hat hier als großes Unternehmen im Rheinland eine bedeutende Vorbildunktion inne, die auch kleinen und mittelständischen Unternehmen zeigen kann, wie passgenaue Arbeitsplätze behinderungsgerecht gestaltet und betriebswirtschaftlich sinnvoll entstehen können.“
„Ich bin stolz, dass wir mit diesem Vorzeigeprojekt einen Arbeitsplatz so umgestalten konnten, dass wir ein weiteres Angebot für leistungsgewandelte Beschäftigte haben“, so Dirk Heller, Geschäftsführer Fertigung Ford-Werke GmbH. „Die Akzeptanz unter der Belegschaft ist groß, und besonders die an diesem Arbeitsplatz eingesetzten Mitarbeiter freuen sich auf die neue Aufgabe.“
„Gemeinsam haben wir einen einzigartigen kollaborativen Arbeitsplatz in der Industrie umgesetzt. Ich kenne kaum solch erfolgreich umgesetzte Kollaborationsarbeitsplätze“, erklärt Mathias Hüsing, Professor an der RWTH Aachen. „Warum dieser Mangel? Die menschenzentrierte Arbeitsplatzplanung unter Berücksichtigung von Montageaufgaben, technischen Möglichkeiten und Sicherheitsanforderungen ist (noch) nicht etabliert. Unsere Forschung im Bereich kollaborativer Prozessplanung fokussiert dieses. Inzwischen setzen wir Kollaborationsarbeitsplätze erfolgreich bei anderen Projekten um, wo es darum geht, Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderungen auf dem ersten Arbeitsmarkt mit Unterstützung von kollaborierenden Robotern einzurichten.“
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