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07. April 2021 | Kultur
Ein Mann des Wortes
LVR-Sprachexperte Dr. Georg Cornelissen geht nach 36 Berufsjahren in den Ruhestand / Wörterbücher sind Lieblingslektüre

Rheinland. 7. April 2021. Kaum ein Mensch hat das Rheinland und seine Sprache in seiner ganzen Vielfalt so genau untersucht und so verständlich erklärt wie Dr. Georg Cornelissen: Egal ob in Vorträgen, in Büchern, in Seminaren, vor dem Mikrofon oder laufender Kamera. Nach 36-jähriger Tätigkeit in Diensten des Instituts für Landeskunde und Regionalgeschichte (ILR) des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) geht Cornelissen nun in den Ruhestand. Letzte Gelegenheit für bislang Ungesagtes:


Herr Cornelissen, welches typisch rheinische Wort haben Sie heute schon gehört?
„‚Fimschig‘. Dieses Wort kennt man am Niederrhein, wo ich geboren bin, nicht. Im Hochdeutschen ist es ebenfalls unbekannt, in Bonn aber hört man es immer wieder, weil es so nützlich ist. Ein Gegenstand, der zu fragil, zu bruchanfällig, zu wenig haltbar ist, ist ‚fimschig‘. Auch Menschen können ‚fimschig‘ sein.“

Regiolekt oder Dialekt – den Unterschied haben Sie während Ihrer Zeit als Sprachexperte unzählige Male erklärt. Bitte noch ein letztes Mal für uns.
„Dialekt ist dasselbe wie ‚Platt‘: eine eigene Sprache mit allem Pipapo, für Fremde unverständlich. Regiolekt ist ‚nur‘ eine Umgangssprache mit regionalen Merkmalen: Mit ‚dat‘ und ‚wat‘, mit ‚knibbeln‘ und ‚piddeln‘, mit ‚Schluffen‘ und ‚Schlappen‘. Also eine echte Mehrheitssprache im Rheinland.“

Sie haben 36 Jahre lang die rheinische Sprache untersucht. In welchen Bereichen ist die Veränderung der Sprache am deutlichsten zu erkennen?
„Es fällt auf, dass immer seltener Dialekt (= Platt) zu hören ist. Wenn die über 60-Jährigen geimpft sind, sind die meisten Rheinländerinnen und Rheinländer mit Dialektkompetenz gegen Corona geschützt. Es wachsen keine Dialektsprecherinnen und -sprecher mehr nach!“

Seit ein paar Jahren genießt der Heimatbegriff durch alle Schichten hinweg eine große Aufmerksamkeit. Können Sie diese Popularität auch in Bezug auf die Sprache feststellen?
„Was ich im Laufe der Jahre durchschaut habe: Wenn es um die regionale Sprache geht, um Dialekt und Regiolekt also, müssen wir zwischen Lippenbekenntnissen und Ankündigungen einerseits und Taten und Finanzierungen andererseits unterscheiden. In diesem Punkt bin ich alles andere als euphorisch. Aber – für die regionale Sprachforschung im Rheinland gibt es mehr als genug zu tun!“

Wer Sie erlebt, bekommt schnell den Eindruck, dass der Spaß und die Begeisterung für die Sprache und Ihre Arbeit ungebrochen sind. Richtig?
„Das will ich hoffen. Ich habe ja keinen eingebauten Bremsmechanismus, der bei 66 aktiviert wird. Ich schließe mich da ‚vollinhaltlich‘ Udo Jürgens an: „Mit 66 Jahren…“.

Zum Schluss: Was sind Ihre liebsten rheinischen Wörter?
„Ziemlich viele, eigentlich fast alle. Obwohl – im Rheinischen gibt es ja doch nicht sehr wenige Schimpfwörter, die klammere ich definitiv aus. Aber sonst – Wörterbücher gehören zu meiner Lieblingslektüre. In diesem Sinne: Tschö mit ö!“

Vielen Dank für das Gespräch. Alles Gute und: Mach et joot.

Hinweis für Redaktionen:
Möchten Sie, bevor Dr. Georg Cornelissen nun in den Ruhestand geht, sich noch einmal mit ihm über Regiolekt, Dialekt und viele andere Merkmale der rheinischen Sprache austauschen? Wir vermitteln gerne einen Kontakt zum Sprachexperten.


Pressekontakt:
Birgit Ströter
LVR-Fachbereich Kommunikation
Tel. 02 21 – 809 – 77 11

Kurz und knapp
Dr. Georg Cornelissen hat Germanistik, Geschichte und Niederlandistik in Bonn und Köln studiert, hat die Lehrerausbildung abgeschlossen – „bin Lehrer mit Haut und Haaren“ – und begann 1985 beim LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte. Er ist Autor zahlreicher Publikationen und hatte zeitweise einen Lehrauftrag an der Universität Bonn. In zahlreichen Zeitungs-Kolumnen und im TV informiert er über die Besonderheiten der Sprache. Foto: privat
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Über den LVR:

Der Landschaftsverband Rheinland (LVR) arbeitet als Kommunalverband mit rund 22.000 Beschäftigten für die 9,8 Millionen Menschen im Rheinland. Mit seinen 41 Schulen, zehn Kliniken, 20 Museen und Kultureinrichtungen, vier Jugendhilfeeinrichtungen, dem Landesjugendamt sowie dem Verbund Heilpädagogischer Hilfen erfüllt er Aufgaben, die rheinlandweit wahrgenommen werden. Der LVR ist Deutschlands größter Leistungsträger für Menschen mit Behinderungen und engagiert sich für Inklusion in allen Lebensbereichen. „Qualität für Menschen“ ist sein Leitgedanke.

Die 13 kreisfreien Städte und die zwölf Kreise im Rheinland sowie die StädteRegion Aachen sind die Mitgliedskörperschaften des LVR. In der Landschaftsversammlung Rheinland gestalten gewählte Mitglieder aus den rheinischen Kommunen die Arbeit des Verbandes.

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